Elektro-Sensibilität − News

Sollen Hauseigentümer bei Breitbandanschlüssen mit Segen der EU über den Tisch gezogen werden?

Wird geförderter Glasfaseranschluss zum Freibrief für Netzbetreiber?

 

Glasfaser

Im Newsletter vom 19.09.2023 hatte der  Verein gesund verNETZt  über den Vorschlag zur Verordnung der zukünftigen Gigabitinfrastruktur (GIA) berichtet. Die GIA Verordnung wird in aller Stille und mit hoher Geschwindigkeit in Brüssel verhandelt und soll noch vor Ende des Jahres verabschiedet werden.

Bei der neuen EU-Richtlinie geht es um die Möglichkeiten, wie der Ausbau der VHC – Gigabitnetze  (Very High Capacity) insbesondere für die künftige 5G -Version (>24-GHz) voran getrieben werden kann. Es geht auch darum, wie Genehmigungsverfahren vereinfacht werden können, und wie Baumassnahmen zur Infrastruktur,  Verkehrswege, Leitungen usw. gebündelt werden können, um Zeit und Kosten zu sparen.

Die Netzbetreiber stöhnen schon jetzt über die hohen Kosten für den Ausbau der Datenkommunikationsnetze. So sollen die Zugangsbedingungen geregelt werden, um einen doppelten oder gar mehrfachen Ausbau durch verschiedene Betreiber zu erübrigen. "Ein Netz für Alle"

 

Eine Durchsicht des Vorschlags zu einer

"VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES"
über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Gigabit-Netzen für die elektronische Kommunikation und zur Aufhebung der Richtlinie 2014/61/EU (Gigabit-Infrastrukturverordnung)

Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Gigabit-Netzen für die elektronische Kommunikation

 

Verbraucher sollen geködert werden

brachte diverse "Knackpunkte" zum Vorschein, die zu Problemen mit Eigentumsrechten, Gesundheitsschutz, Datenschutz und informelle Selbstbestimmung der Bürger über ihre Daten führen können:

S.14 Artikel 3 ff
Hier wird eine Zugangsverpflichtung auch auf physische Infrastrukturen, die nicht Teil des Netzes sind, in öffentlichen Gebäuden rechtlich geregelt.

S. 20 ff
Hier wird die Nutzung von Infrastukturen & Netzkomponenten durch mehrere Netzbetreiber geregelt, um unnötige Doppelinstallationen zu vermeiden. Zugang und Installation im öffentlichen Raum soll erleichtert werden.

S. 47 Artikel 9 ff, Zugang zu gebäudeinternen physischen Infrastrukturen
Die Betreiber sollen Zugangsmöglichkeit auf alle auch in privaten Gebäuden installierten Netzstrukturen erhalten können. Damit bestünde die Option, dort weitere Einheiten (Funkmodule) zu installieren und zu betreiben.

Streitigkeiten über Gewährung bzw. Verweigerung von Zugangsrechten sollen durch nationale Schlichtungsstellen beigelegt werden.

Es wird hier in der EU natürlich laufend verhandelt, so sind inzwischen einige Punkte heraus gefallen, andere wurden geändert. Allerdings ist es sehr schwer, aktuelle Informationen, noch dazu auf Deutsch zu bekommen. Es liegt inzwischen ein Kompromissvorschlag vor, allerdings nur in einer maschinellen Übersetzung...

GIGABIT-INFRASTRUKTURGESETZ 

Sollten sich hier weitere Änderungen ergeben, so werden diese hier bekannt gegeben...

 

diagnose:funkDie Verbraucherschutzorganisation diagnose:funk schreibt in Ihrem Mitgliederjournal "kompakt", Ausgabe 4|2023 auf Seite 14:

"Der Ausbau der Gigabitinfrastruktir soll beschleunigt werden, Die Beschleunigung könnte mit Entrechtungen der Kommunen und der Immoblilienbesitzer einhergehen. Wachsamkeit ist angesagt."

Sehr viele "Kann"- Formulierungen mit dem Ziel, bis 2030 mit einem festes gigabit-Netzwerk alle EU-Haushalte abdecken und alle besiedelten Gebiete mit 5G versorgen. Wie 2019 verabredet, sollen letzte Funklöcher "geschlossen" werden. Der Glasfaserausbau soll aber nicht mit einem zwangsweisen Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur einhergehen...

Jeder private Neubau (auch Altbau nach umfangreichen Sanierungen) soll an ein Glasfasernetz angeschlossen werden, was im Prinzip zu begrüssen ist.

Öffentliche Infrastrukturen sollen aber mit wenigen Einschränkungen grundsätzlich für Mobilfunkanlagen zur Verfügung gestellt werden. Hier ist dann die Frage, wie dies dann in den Mitgliedsstaaten in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden gehandhabt wird.

Bei gewerblichen Bauten soll es eine begrenzte Verpflichtung zur Bereitststellung der Infrastrukturen geben, um die Beeinträchtigung von Privateigentum auf ein Minimum zu beschränken. Es gehe hier vor allem darum, die Konnektivität in dünn besiedelten Gebieten zu gewährleisten.

 

 

Fazit

Dieses Verordnung würde die lokalen Behörden, die über Netze, Stadtmobiliar oder öffentliche Gebäude verfügen, mehr oder weniger verpflichten, diese für Mobilfunk & 5G-Antennen bereit zu stellen.

Bei privaten Neubauten und Sanierungen, vor allem bei gewerblichen Immobilien, soll dann nicht nur ein Glasfaseranchluss, sondern ein komplettes Glasfasernetz (Gigabit-Netz) im Gebäude installiert werden. Um dieses Netz warten und erweitern zu können, soll der Betreiber Zugang zu gemeinschaftlichen Bereichen wie Keller, Treppenhaus etc. bekommen.

Den Betreibern sollen weitgehende Rechte zur Installation und zum Betrieb von zusätzlichen Telekommunikationseinheiten eingeräumt werden, da diese ja "der Öffentlichkeit dienen" und das Eigentumsrecht der Endkunden an der eigenen Immobilie würde damit ausgehöhlt, so das diese dann die zusätzlichen Installationen bei sich dulden müssten, wenn die Verordnung in ihrer bisherigen Form umgesetzt wird.

Laut dem letzten mir vorliegenden Änderungsvorschlag zu der Verordnung soll es eine Verpflichtung bei Gewerbe-Immobilien geben, diese als Standort für Mobilfunk zur Verfügung zu stellen. Wie das dann bei privaten Immobilien aussieht, steht noch offen.

Des Weiteren ist die  Frage der Haftpflicht beim Betrieb des Gigabit-Netzes nicht geklärt. Hier dürften aber keine nennenswerten Risiken bestehen. Allerdings ist zu befürchten, dass der Endkunde / Immobilieneigentümer bei der Ausstattung mit Mobilfunksendeanlagen auf einem nicht versicherbaren Haftungsrisiko sitzen bleibt...

Das in der GIA vorgesehene Widerspruchsrecht ist in der Praxis kaum vernünftig anwendbar - vor allem, wenn der Nachbar dem Ganzen zustimmt, nutzt die eigene Weigerung wenig. Dann hat man zwar selber keinen 5G-Sender am Haus, dafür aber der Nachbar....

Verbraucherschutzorganisationen wurden in den Entwurf der GIA erst gar nicht mit einbezogen.

Auf der einen Seite ist ein Ausbau des Glasfasernetzes aus baubiologischer und technischer Sicht  (keine elektromagnetischen Emissionen an den Leitungen, geringer Energieverbrauch, störungsresistente Leitungen) äußerst begrüssenswert. Damit lässt sich superschnelles Internet, Video-Telefonie, Austausch großer Datenmengen usw. realisieren.

Auf der anderen Seite muss man hier scharf kritisieren, dass die (Un)Verantwortlichen in der EU,  den nationalen Regierungen und bei den Netzbetreibern das Glasfasernetz wohl in erster Linie als "Backbone" für Mobilfunk & 5G ausbauen wollen, und der Endkunde hier mit superschnellem Internet "geködert" werden soll, zumal die wenigsten Anwender solche Bandbreiten ausschöpfen...

Diese neue Verordnung würde -so umgesetzt - in öffentlichen Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Schulen, Krankenhäusern, Altenheimen und auch sonst durch den damit verbundenen Ausbau von Hochgeschwindigkeits-Mobilfunk (LTE+, 5G, 6G) zu noch höheren Strahlenemissionen führen.

Statt den Schutz der Grundrechte auf Unversehrtheit des Körpers, des Eigentums und der Umwelt zu sichern, soll mit dieser Verordnung "...die notwendige Sicherstellung einer angemessenen Kapitalrendite...“ der Betreiber (Änderungsantrag 20 S.20) garantiert werden!?!

 

Zugegeben, das Alles klingt wie ein worst-case-Szenario.

Man muss sehen, was da im Endeffekt in Brüssel ausgehandelt wird. Dann kommt es darauf an, wie das Alles hier in deutsches Recht umgesetzt wird und auch wie es dann praktisch in den Vertragsbedingungen der Telekommunikations-Anbieter gestaltet wird.

Möglicherweise - vor allem, wenn kritische Gegenstimmen laut werden - kommt es halb so schlimm, wie befürchtet...

Dem Gegenüber steht aber der allgemeine Digitalisierungswahn und Funk-Fetischismus. - So war z.B. in unserer Lokalzeitung vom 8.11.23 in einem Artikel zum "Deutschlandtempo" zu lesen, das neben Bahnstrecken, Stromtrassen und Wohnungen auch Windräder und Mobilfunkmasten einfacher und schneller gebaut werden sollen...

 

Das Beste hoffen, aber auf das Schlimmste vorbereitet sein!

 

 

Konsequenz für Endkunden

SendemastSo groß die Freude über das Angebot des Telekommunikationsanbieters auch ist, auf eigene Kosten einen Glasfaseranschluss bis ins Haus zu verlegen, so sollte man sich genau ansehen, was man da unterscheibt!

So  ist schnell ein Vorvertrag abgeschlossen. Auf den Informationsveranstaltungen und den Webseiten der Anbieter wird auch nicht über die weitergehenden Verpflichtungen aufgeklärt. Mobilfunkakzeptanz seitens der Bevölkerung wird von den Betreibern einfach als selbstverständlich voraus gesetzt...

Im Kleingedruckten der Verträge findet sich oftmals, dass Telekommunikationsdienstleistungen, die der Öffentlichkeit dienen, vertraglich mit vereinbart werden. Eine Kündigung oder ein Anbieterwechsel soll kaum noch möglich sein. Mit den „Telekommunikationsdienstleistungen, die der Öffentlichkeit dienen“ sind digitale mobile Hochgeschwindigkeitsnetze und öffentliche Telekommunikationsnetze der nächsten Generation gemeint, also genau die zukünftige 5G-Version im Frequenzspektrum >24-GHz....

Also: Unbedingt auch das "Kleingedruckte", Vertragsbedingungen, AGB usw. genauestens lesen und auf "kritische" Aussagen zu den Rechten der Betreiber hin abklopfen, und vor der Unterzeichnung auf entsprechende Änderung des Vertrags pochen, ggf. alternative Angebote anderer Anbieter einholen, ansonsten bekommt man möglicherweise irgendwann einen 5G-Sender ans Haus geschraubt...

 

Ausblick

Hier muss weiter über die Risiken der Mobilfunktechnologie aufgeklärt werden! Ebenso über fragwürdige Praktiken bei Firmen, Behörden und dem Gesetzgeber!

Offizielle Stellen  ignorieren die Risiken der Mobilfunktechnologie, wollen den Geschäftsinteressen der Tech-Konzerne nicht im Weg stehen - so bleibt diese Aufgabe an Privatpersonen, Vereinen und Bügerinitiativen hängen...

Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn, Familie, Kollegen, Freunde etc. über das, was man sich mit einem - gefördertern - Breitbandanschluss möglicherweise einhandeln kann.

Machen Sie Politiker in den Kommunen, den Regionen, bei Bund & Ländern und bei der EU auf die Risiken aufmerksam!

So lobenswert ein beschleunigter Breitbandausbau mit Glasfaser auch ist, so sehr ist der weitere Ausbau des Mobilfunks abzulehnen.

Last, but not least: Überdenken - und reduzieren - Sie Ihre eigene Mobilfunk-Nutzung!

 

 

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Bildquellen:

Geld-Köder:Mohamed Hassan auf Pixabay

Glasfaser: IntelligentVisualDesing auf Pixabay

Sendemast: Peter auf Pixabay


Weiterführende Links, Dokumente und Quellennachweise:

www.gesetze-im-internet.de/tkg_2021/BJNR185810021.html

www.gesetze-im-internet.de/tkg_2021/TKG.pdf

Eingestellt: 26.10.2023, 19:18
zuletzt geändert: 27.12.2023, 11:06

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